Stagflation

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Stagflation ist ein volkswirtschaftlicher Begriff, der sich aus den Worten Stagnation und Inflation zusammensetzt. Während Stagnation mit einem Rückgang des wirtschaftlichen Wachstums und damit zwangsläufig einem Anstieg der Arbeitslosigkeit in Verbindung gebracht wird, ist unter Inflation der permanente Anstieg des Preisniveaus zu verstehen. Folglich ist die allgemein gültige Definition von Stagflation das Zusammenfallen von hoher Inflation und hoher Arbeitslosigkeit.[1][2]

Das Wort Stagflation wurde erstmals von dem britischen Finanzminister Ian Norman Macleod (* 11.11.1913; † 20.07.1970) in seiner Rede vor dem House of Commons (Vereinigtes Königreich) am 17. November 1965 erwähnt. [3]

Erklärungsansätze für das Auftreten von Stagflation

Wirtschaftswissenschaftler der heutigen Zeit haben zwei Haupterklärungen für das Auftreten von Stagflation:


  1. Stagflation kann vorkommen, wenn eine Volkswirtschaft von einem Angebotsschock, wie beispielsweise einer Ölpreiserhöhung in einem wichtigen Ölförderstaat, getroffen wird. Dies verursacht zur gleichen Zeit einen Preisanstieg der Waren und einen Rückgang des Wirtschaftswachstums.
  2. Ein Einsatz unpassender makroökonomischer Politik kann ein paralleles Auftreten von Inflation und Stagnation hervorrufen. Die Zentralbank könnte beispielsweise mittels expansiver Geldpolitik eine Inflation auslösen, während die Regierung durch übermäßige Regulierung des Güter- und Arbeitsmarkts eine Stagnation herbeiführt.


Die Stagflation der siebziger Jahre in fast allen westlichen Industriestaaten wird oft mit dem Auftreten beider Fälle in Verbindung gebracht. Es begann mit einem gewaltigen Anstieg des Ölpreises in den Jahren 1973/74 und setzte sich fort, als die Zentralbank von einer enormen expansiven Geldpolitik Gebrauch machte, um dadurch die resultierende Rezession zu vermeiden. Infolgedessen wurde eine Lohn-Preis-Spirale ausgelöst. [4] [5] [6]

Auswirkungen der Stagflation

Wird eine Volkswirtschaft von einem Angebotsschock (wie beispielsweise den Ölpreisschocks der siebziger Jahre), bei dem sich die Produktionsbedingungen plötzlich ändern, getroffen, kann dies zu einer Stagflation führen. Steigen aufgrund dieses Schocks die Preise, der für die Produktion benötigten Rohstoffe drastisch an, so zieht dies eine Erhöhung der Produktionskosten nach sich, welche von der Herstellern an die Verbraucher weitergegeben wird. Der daraus resultierende Preisanstieg der Produkte, der schließlich einen Anstieg der Inflation im Inland bewirkt, verringert die Nachfrage der Verbraucher und damit die produzierte Gütermenge erheblich. Langfristig kommt es zum Beschäftigungsrückgang und zum Wachstum der Arbeitslosigkeit. Die Zunahme der Inflation geht daher mit einer Abnahme des realen Wachstums der Volkswirtschaft einher. Eine steigende Inflation führt auf Dauer zur Erhöhung der Lohnforderungen der durch die Gewerkschaften vertretenen Arbeitnehmer. Dies verursacht wiederum ein Anschwellen der Produktionskosten und somit auch der Preise. Eine Lohn-Preis-Spirale wird in Gang gesetzt. [7][8][9]

Der Staat kann versuchen, die negative Auswirkung auf die Beschäftigung mittels expansiver Geld- oder Fiskalpolitik (z.B. Zins- oder Steuersenkungen) abzuschwächen. Mit Hilfe des Einsatzes solcher Instrumente ist eine Erhöhung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage, aufgrund eines ansteigenden verfügbaren Einkommens der Verbraucher, möglich. Infolgedessen erhöht sich die Beschäftigung und die Volkswirtschaft kehrt zur ursprünglichen Wachstumsrate zurück. Allerdings verbessert sich mit abnehmender Arbeitslosigkeit auch die Verhandlungsposition der Arbeitnehmer, die nun erneut höhere Löhne fordern. Wieder wird eine Lohn-Preis-Spirale, die einen permanenten Anstieg der Inflationsrate verursacht, in Gang gesetzt. [10][11][12]

Um jedoch die Verschärfung der Inflation zu verhindern, ist ein Einsatz restriktiver Geld- oder Fiskalpolitik nötig. Auf die dadurch abnehmende gesamtwirtschaftliche Nachfrage reagieren die Produzenten mit Preissenkungen. Daraufhin kann die restriktive Nachfragepolitik langsam gelockert werden, so dass die Nachfrage und damit das Wirtschaftswachstum allmählich wieder ansteigen. Die Inflationsrate wurde damit zunächst erfolgreich gesenkt. [13][14][15]

Die Stagflation stellt die Volkswirtschaft demzufolge vor das unverkennbare Dilemma sich beim Einsatz nachfragepolitischer Instrumente entweder für eine Bekämpfung der Inflation mittels restriktiver Geld- oder Fiskalpolitik oder für eine Minderung der Arbeitslosigkeit mittels expansiver Geld- oder Fiskalpolitik zu entscheiden. [16].[17]

Einzelnachweise

  1. Vgl. Dieckheuer, G.: Makroökonomik, 2001, S. 341
  2. Vgl. Siedenbiedel, Christian (2008), Schwaches Wachstum – hohe Inflation – Die Rückkehr der Stagflation, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 16.03.2008 (Nr. 11): Seite 45
  3. Vgl. Siedenbiedel, Christian (2008), Schwaches Wachstum – hohe Inflation – Die Rückkehr der Stagflation, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 16.03.2008 (Nr. 11): Seite 45
  4. Vgl. Burda, M./Wyplosz, C.: Makroökonomie, 2003, S. 387 f.
  5. Vgl. tycoo investments AG (2008), Stagflation – USA in der Krise, [1], 9. April 2008
  6. Vgl. Barsky, R./Kilian, L.: (2000): A Monetary Explanation of the Great Stagflation of the 1970s, [2], 9. April 2008
  7. Vgl. Dieckheuer, G.: Makroökonomik, 2001, S. 342 ff.
  8. Vgl. Burda, M./Wyplosz, C.: Makroökonomie, 2003, S. 387 ff.
  9. Vgl. Dornbusch, R./Fischer, S./Starz, R.: Makrökonomik, 2003, S. 141 ff.
  10. Vgl. Dieckheuer, G.: Makroökonomik, 2001, S. 342 ff.
  11. Vgl. Burda, M./Wyplosz, C.: Makroökonomie, 2003, S. 387 ff.
  12. Vgl. Dornbusch, R./Fischer, S./Starz, R.: Makrökonomik, 2003, S. 141 ff.
  13. Vgl. Dieckheuer, G.: Makroökonomik, 2001, S. 342 ff.
  14. Vgl. Burda, M./Wyplosz, C.: Makroökonomie, 2003, S. 387 ff.
  15. Vgl. Dornbusch, R./Fischer, S./Starz, R.: Makrökonomik, 2003, S. 141 ff.
  16. Vgl. Siedenbiedel, Christian (2008), Schwaches Wachstum – hohe Inflation – Die Rückkehr der Stagflation, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 16.03.2008 (Nr. 11): Seite 45
  17. Vgl. Felderer, B./Homburg, S.: Makroökonomik und neue Makroökonomik, 2003, S. 242 ff.

Literatur

  • Burda, Michael C./Wyplosz Charles: Makroökonomie - Eine europäische Perspektive, 2. Auflage, München 2003
  • Dieckheuer, Gustav: Makroökonomik - Theorie und Politik, 4. Auflage, Berlin/Heidelberg/New York 2001
  • Dornbusch, Rüdiger/Fischer, Stanley/Starz, Richard: Makrökonomik, 8. Auflage, München 2003
  • Felderer, Berhard/Homburg, Stefan: Makroökonomik und neue Makroökonomik, 8. Auflage, Berlin/Heidelberg/New York 2003
  • Siedenbiedel, Christian (2008), Schwaches Wachstum – hohe Inflation – Die Rückkehr der Stagflation, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 16.03.2008 (Nr. 11): Seite 45

Weblinks

Wikipedia