Nichthandelbare Güter

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Es existieren in einer Volkswirtschaft handelbare Güter (so genannte Tradeables) und nichthandelbare Güter (so genannte Non-Tradeables), wobei nichthandelbare Güter durch diverse Gründe nicht international gehandelt werden.


Allgemeines

  • die nichthandelbaren Güter machen im Länderdurchschnitt 60% des Bruttoinlandproduktes aus
  • das Preisniveau eines Landes hängt sowohl von den Preisen der handelbaren wie auch der nicht handelbaren Güter ab
  • je höher das ProKopf-Einkommen, desto höher die Ausgaben für nichthandelbare Güter


Ursachen nichthandelbarer Güter

Aufgrund der Transportkosten

Wir sprechen von nichthandelbaren Gütern in der Regel dann wenn Transportkosten einen Preisaufschlag verursachen, der so hoch ist,

dass ein komparativer Preisvorteil des potentiellen Exporteurs bzw. ein komparativer Preisnachteil des Importeurs verschwindet.

Kurz gesagt wird ein Gut aus Unternehmersicht nicht handelbar wenn die Gewinnspanne geringer ist als die entstehenden Handelskosten.

Aufgrund der Transportmöglichkeit

Güter lassen sich zB in Mobilien und Immobilien einteilen. Mobilien zeichnen sich dadurch aus, dass sie transportiert werden können, während der Standort von Immobilien nicht verändert werden kann. Damit ist der volkswirtschaftliche Immobilien-Begriff breiter aufzufassen als der des allgemeinen Sprachgebrauchs. Volkswirtschaftlich zählen damit nicht nur Gebäude oder Grundstücke, sondern auch Straßen und Stromleitungen zu den nichthandelbaren Gütern.


Aufgrund von Handelshemmnissen

Die meisten Länder ergreifen Selbstschutzmaßnahmen (Tarifäre Handelshemmnisse und Nichttarifäre Handelshemmnisse) zur Beschränkung des Handels. Traditionelle Instrumente einer strategischen Handelspolitik sind Zölle, Exportsubventionen. Vorschriften und Normen oder bürokratische Regelungen z.B. Grenzzuschläge, Hafengebühren, Gesundheits- und Sicherheitsbestimmungen, Subventionen und andere staatliche Beihilfen, Importentmutigende Gesetze etc. All diese Maßnahmen verfehlen meist nicht ihr Ziel und lassen den Großteil der inländisch produzierten Güter zu nichthandelbaren Gütern werden.


Beispiele

1. Beispiel

Ein Gut wie zum Beispiel Zement, dessen Gewicht im Vergleich zu seinem Wert sehr hoch ist, wäre bis vor ein paar Jahren kaum in den Außenhandel gelangt. Der Import von Zement lohnte dabei schlicht nicht die Transportkosten , selbst wenn der Zement im Ausland viel billiger produziert wurde. Inzwischen gibt es durch einen anhaltenden Bauboom in zum Beispiel Russland oder Afrika wieder einen steigenden Markt für Zement. In Afrika gibt es in manchen Ländern keine Zementfabriken und die verfügbare Menge an Zement wird durch Zementhändler der Nachbarländer künstlich verknappt, durch die gleichzeitig hohe Nachfrage treibt das den Preis stetig höher und immer mehr Händler können ihre Ware, trotz hoher Transportkosten, gewinnbringend absetzen.


2. Beispiel

Eine Dienstleistung wie zum Beispiel ein Haarschnitt zählt zu den nichthandelbaren Gütern. Ein Franzose, der einen amerikanischen Haarschnitt wünscht, müsste sich selbst in die USA oder einen amerikanischen Friseur nach Frankreich transportieren. Dabei sind die Transportkosten wesentlich höher als der Wert der erbrachten Leistung. Dieses Beispiel trifft aber meist nur auf Normalverdiener zu, für wohlhabende Prominente kann es durchaus eine handelbare Dienstleistung sein, der Fußballstar David Beckham lässt seinen Friseur von überall her einfliegen, unabhängig wo er sich grad befindet.


Der Einfluss nichthandelbarer Güter auf die Wirtschaft

Das Produktivitätswachstum europäischer Länder im handelbaren und nichthandelbaren Sektor

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Die Verstärkung des Lohndrucks

Ausgangspunkt ist hier die Beobachtung, dass bei nichthandelbaren Gütern (im Wesentlichen also Dienstleistungen und Wohnungen) in Abhängigkeit vom Stand der wirtschaftlichen Entwicklung die Preise von Land zu Land unterschiedlich sind. In wirtschaftlich entwickelten Ländern sind die Preise für nicht handelbare Güter tendenziell höher. Der hohe Lebensstandard beruht dabei auf einem durch den internationalen Wettbewerb ausgelösten höheren Produktivitätsniveau im Sektor der handelbaren Güter (vor allem verarbeitendes Gewerbe). Bei integrierten nationalen Arbeitsmärkten führt ein dadurch hohes Lohnniveau im Sektor der handelbaren Güter aber auch zu einem Lohndruck im Sektor der nicht handelbaren Güter, da ansonsten die Arbeitskräfte abwandern würden und ein zu hoher Lohnabstand mit Fairness- bzw. Gerechtigkeitsvorstellungen kollidieren würde.


Der Einfluss auf das Preisniveau

Betrachtet man Länder mit unterschiedlichem Entwicklungsstand, so kommt es bei einer Angleichung des Lebensstandards – ein Ziel, welches mit Hilfe verschiedenster Maßnahmen innerhalb der EU verfolgt wird – zu folgendem Reaktionsmuster: Handelsliberalisierung, steigender Wettbewerbsdruck, Know-how-Transfer über Direktinvestitionen sowie öffentliche Transferleistungen. Dies führt nun in einem Land mit einem Produktivitätsrückstand im Sektor der handelbaren Güter zu rasch steigender Produktivität. Da im Sektor der nicht handelbaren Güter der Produktivitätsfortschritt aber gering ist, führen dort Lohnerhöhungen zu Preiserhöhungen. Im weiteren Verlauf ergibt sich eine Angleichung der Produktivitätsniveaus bei handelbaren Gütern und der Preise für nicht handelbare Güter. Durch den starken Anstieg der Preise nicht handelbarer Güter weisen die weniger entwickelten Länder während des Aufholprozesses folglich auch eine höhere Inflationsrate auf. Dieser Effekt ist dabei umso stärker, je größer der Anteil der nicht handelbaren Güter ist.

Den Effekt das Länder mit einer höheren Produktivität im Sektor der handelbaren Güter als im Sektor der nichthandelbaren Gütern ein höheres Preisniveau haben bezeichnet man auch als Balassa-Samuelson Effekt

Fazit

Handelbare Güter kann man mit Industrieprodukten, Rohstoffen und Agrarprodukten gleichsetzen. Dagegen sind nichthandelbare Güter in erster Linie Dienstleistungen und Erzeugnisse der Baubranche. Natürlich hat diese Regel auch Ausnahmen.

Beispielsweise können Finanzdienstleistungen von Banken und Maklern oft international gehandelt werden. Die zunehmende Verbreitung des Internets hat das Spektrum der handelbaren Dienstleistungen erheblich erweitert. Auch wirken sich abnehmende und zunehmende Trends und die damit verbundenen Preisentwicklungen und Gewinnerwartungen auf die Einordnung der Güter in den handelbaren und nichthandelbaren Sektor aus, im Zeitverlauf kann ein Gut somit vom handelbaren in den nichthandelbaren Sektor, und umgekehrt, wechseln.

Der nichthandelbare Wirtschaftssektors spielt heute eine wichtige Rolle inner- und außerhalb einer jeden Volkswirtschaft und hat einen großen Einfluss auf das Preisniveau eines jeden Landes.


Quellen

Krugman, Paul R. und Maurice Obstfeld, Maurice, Internationale Wirtschaft: Theorie und Politik der Außenwirtschaft, 7. Aufl.

Dieckheuer, G.: Internationale Wirtschaftsbeziehungen, 5. Aufl., 2001

Börsen-Zeitung Ausgabe 124 vom 02.07.2003

OECD National Accounts I – Main Aggregates, 2002