Ölpreisschock

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Fertig.gif Dieser Artikel wurde durch den Review-Prozess vervollständigt und korrigiert. Der Bearbeiter hat den Artikel zur Bewertung eingereicht. --Daniela Herrmann 14:38, 30. Apr. 2008 (CEST)

Grundlegend ist der Ölpreisschock ein spezieller Anwendungsfall des Preisschocks. Er ergibt sich aus dem enorm starken, sprunghaften Anstieg des Ölpreises und zieht meist volkswirtschaftliche Veränderungen sowie erforderliche Anpassungsprozesse nach sich.

Schocks werden in der Volkswirtschaft als „überraschende Änderungen exogener Variablen[1] definiert, aus welchen makroökonomische Ergebnisse resultieren. Diese Ergebnisse verändern die aggregierte Nachfrage und/ oder das aggregierte Angebot und sind somit für die Verschiebung der AD- bzw. der AS-Kurve verantwortlich. Makroökonomen bestätigen, dass eine Vielzahl von Schocks denkbar sein können, beispielsweise

  • die Veränderungen der Konsumnachfrage,
  • Änderung der Investitionstätigkeit,
  • Verschiebungen der Arbeitsproduktivität oder
  • eben die Veränderung des Ölpreises.[2]

Es herrscht Einigung darüber, dass die Erhöhung des Ölpreises in den Jahren 1973 und 1979 zu einer Form der Angebotsschocks zu zählen ist. Dies gilt ebenso für den Ölpreisverfall im Jahre 1986, welcher jedoch entgegen der Erhöhung des Ölpreises zu den „positiven“ Schocks gehört.[3]


Erweiterte Definition

Jeder Schock zieht dynamische Auswirkungen für die Produktion nach sich und verändert so einzelne Elemente der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage. Die Auswirkungen eines Schocks werden als Übertragungsmechanismen bezeichnet, welche von Schock zu Schock verschieden sein können. Möglicherweise ist die Wirkung auf die Produktion anfangs am stärksten und verringert sich im Zeitverlauf oder aber die Wirkung verstärkt sich über einen bestimmten Zeitraum, bis sie durch eine stetige Abnahme wieder ganz verschwindet. Zudem haben einige Schocks Auswirkungen auf die mittlere Frist und somit auf die natürliche Arbeitslosenquote. So ist eine dauerhafte Auswirkung auf das aggregierte Angebot, unter anderem begründet durch eine dauerhafte Erhöhung des Ölpreises.

Durch das Auftreten von immer neuen Schocks und deren jeweiligen Übertragungsmechanismen unterliegt die Produktion ständigen Schwankungen, welche bei Schocks mit starken negativen Auswirkungen zu einer Rezession führen können. So sind die Rezessionen der 70er Jahre weitgehend auf die starke Erhöhung des Ölpreises zurückzuführen.

Letztlich ist auch der Grund für die Entstehung der uns bekannten Konjunkturzyklen, das Eintreten von Schocks und deren dynamischen Auswirkungen.


Geschichtlicher Hintergrund

Entwicklung des Ölpreises in US Dollar seit 1960

Durch den Zusammenschluss der OPEC (von engl. Organization of the Petroleum Exporting Countries) im Jahre 1960, stieg der Ölpreis in den 70er Jahren erstmals übermäßig an.

Die OPEC, ein Kartell erdölproduzierender Länder, verhielt sich auf dem Weltmarkt nahezu monopolistisch und schränkte das Angebot an Erdöl so sehr ein, dass der dramatische Anstieg des Preises gravierende Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaft nach sich zog. In den Jahren vor 1973 war der relative Preis des Rohöls schier konstant geblieben. Dieser verdreifachte sich jedoch zwischen 1973 und 1975 sowie 1979 und 1981 als Folge der ersten und zweiten Ölkrise. Das Resultat daraus war, dass einige Mitgliederstaaten mehr als die ihnen zugewiesene Menge an Rohöl produzierten und ergo das Angebot an Öl wieder stieg, so dass der relative Preis bis 1999 wieder fiel.

Ende 1999 erlitt der relative Preis wiederholt einen vergleichbaren Anstieg der 70er Jahre, infolge dessen, dass die OPEC abermals an Stärke gewann.[4]

Jüngste Entwicklungen

Seit Anfang 2000 ist der Ölpreis kontinuierlich gestiegen. Lag er bis Mitte 2004 noch unter 40 Dollar pro Barrel, konnte seither ein stetiger Aufwärtstrend beobachtet werden. Ab dem Jahr 2005, mussten Preise von 50 US-Dollar pro Barrel als durchaus günstig angesehen werden. Für 2007 wurde ein mittlerer Jahrespreis um die 74 US-Dollar ermittelt. Gegenüber 2006, mit 66 US-Dollar pro Barrel, bedeutet dass eine Steigerung von 12 Prozent.

Entwicklung des Ölpreises (Jan - April) 2008

Die historische Marke von 100 US-Dollar für einen Barrel Rohöl, wurde im April 2008 gebrochen. Neue Höchstwerte nahe 120 US-Dollar werden verzeichnet. Der durchschnittliche Ölpreis für 2008 (Januar bis April) liegt derzeit bei 96 US-Dollar pro Barrel.[5]

Seit dem Jahr 2000 hat sich der Rohölpreis, in der Ölwährung US-Dollar, bis heute auf das 3,5-fache erhöht. Das entspricht einer Steigerung von rund 246 Prozent.

Eine der Ursachen, für den explosiven Anstieg des Ölpreises in den vergangenen Monaten, stellt unter anderem die US amerikanische Finanzkrise dar.


Volkswirtschaftliche Auswirkungen eines Ölpreisschock

Da der Ölpreis in der Produktionsfunktion als Faktor bisher weder in der aggregierten Angebots- noch in der aggregierten Nachfragefunktion enthalten ist, wird die Erhöhung dessen durch einen Anstieg des Gewinnaufschlags μ (mü) dargestellt. Dies ist dahingehend begründet, da μ beschreibt, wie weit der Preis über den Löhnen festgelegt wird.

Auf Grund des höheren Ölpreises steigen, bei gegebenen Löhnen, die Produktionskosten, so dass die Unternehmen gezwungen sind, die Preise anzuheben.

Auf dieser Grundlage werden wir in den folgenden Ausführungen die dynamischen Auswirkungen auf die Produktion und das Preisniveau, als Folge der Erhöhung des Gewinnaufschlags analysieren.[6]

Analyse der mittelfristigen Auswirkungen

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Betrachten wir zunächst die Auswirkungen auf die natürliche Arbeitslosenquote un. Diese liegt anfänglich im Gleichgewichtspunkt, welcher durch A dargestellt ist. Ausgehend davon steigen nun die Rohölpreise und somit der Gewinnaufschlag μ. Folglich verringert sich der Reallohn von PS auf PS´ und führt somit zu einem Anstieg der Arbeitslosenquote un´. Dieser Anstieg der Arbeitslosenquote ist erforderlich, damit der gesunkene Reallohn von den Arbeitnehmern akzeptiert wird.

Es gilt also: je höher μ, desto niedriger der Reallohn und in Folge dessen erschließt sich ein Anstieg der Arbeitslosenquote un.

Es kommt somit zu einer Verschiebung des natürlichen Gleichgewichts A nach A´.

Schließlich führt der Anstieg der natürlichen Arbeitslosenquote zu einem Rückgang des natürlichen Beschäftigungsniveaus, unter der Annahme, dass für die Produktion einer Produktionseinheit, genau ein Beschäftigter erforderlich ist und im gleichen Umfang zu einem Rückgang des natürlichen Produktionsniveaus.

Der Anstieg des Ölpreises führt also zu einem Rückgang des natürlichen Produktionsniveaus.[7]

Analyse des Anpassungsprozesses

Untersuchen wir nun den Anpassungsprozess, bei welchem vor dem Anstieg des Ölpreises die aggregierte Nachfragekurve sowie die aggregierte Angebotskurve durch AD (aggregated demand) beziehungsweise durch AS (aggregated supply) gegeben ist. Im Punkt A entspricht die Produktion Y dem natürlichen Produktionsniveau Yn und das tatsächliche Preisniveau P ist gleich dem erwarteten Preisniveau Pe.

Wir analysieren ausschließlich die Auswirkungen auf die aggregierte Angebotskurve, da die Faktoren, welche die Nachfrage bei gegebenem Preisniveau beeinflussen, die aggregierte Nachfragefunktion zum Teil nach rechts und zum Teil nach links verschieben, sodass sich die unterschiedlichen Einflüsse aufheben.

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Wie wir bereits bei der Analyse der mittleren Frist festgestellt haben, führt der Anstieg des Ölpreies zu einem Rückgang des natürlichen Produktionsniveaus und folglich zu einem Anstieg des Preisniveaus.

Nach diesem Anstieg des Preises verläuft die neue AS-Kurve nun durch den Punkt A´ und die Produktion geht auf Y´ zurück. Wir beobachten eine Verschiebung der aggregierten Angebotskurve von AS nach AS´. Durch den Anstieg des Ölpreises (Anstieg des Gewinnaufschlags μ) erhöhen die Unternehmen ihre Preise, was zur Folge hat, das die reale Geldmengen reduziert wird und somit Zinserhöhungen, Nachfragerückgang und fallende Produktion eintreten.

Nun ist die Produktion zwar zurückgegangen, die natürliche Produktion ist aber noch stärker zurückgegangen, was zu einem gesamtwirtschaftlichen Ungleichgewicht führt. Wir sehen dies in Punkt A´, wo Y´ über Yn´ liegt. Die AS-Kurve verschiebt sich weiter noch oben. Wir sprechen folglich von einer Bewegung entlang der aggregierten Nachfragekurve von A´ nach A´´. Erst in diesem Punkt (A´´) ist die Produktion wieder auf ihr natürliches Produktionsniveau gesunken und somit das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht wieder hergestellt.


Ein Anstieg des Ölpreises und ergo eine Verschiebung des aggregierten Angebotes beeinflusst also die Produktion nicht nur in der kurzen Frist, sondern auch mittelfristig.[8]

Einzelnachweise

  1. 08.04.2008
  2. Vgl. Blanchard, Oliver/Illing, Gerhard: Makroökonomie, 4. Auflage, 2006, Pearson Studium, S 232
  3. Vgl. Westphal, Uwe: Makroökonomik Theorie, Empirie und Politikanalysen, 2. Auflage, 1994, Springer-Verlag, S. 422
  4. Vgl. Blanchard, Oliver/Illing, Gerhard: Makroökonomie, 4. Auflage, 2006, Pearson Studium, S. 227
  5. 29.04.2008
  6. Vgl. Blanchard, Oliver/Illing, Gerhard: Makroökonomie, 4. Auflage, 2006, Pearson Studium, S. 228
  7. Vgl. Blanchard, Oliver/Illing, Gerhard: Makroökonomie, 4. Auflage, 2006, Pearson Studium, S. 229
  8. Vgl. Blanchard, Oliver/Illing, Gerhard: Makroökonomie, 4. Auflage, 2006, Pearson Studium, S. 230

Literatur

  • Oliver, Blanchard/Gerhard, Illing: Makroökonomie. 4. Auflage. Pearson Studium, München 2006
  • Uwe, Westphal: Makroökonomik Theorie, Empirie und Politikanalysen. 2. Auflage. Springer-Verlag, Heidelberg 1994

Weblinks

Wikipedia